Über sein erstes Soloalbum schreibt Shirley Lee:
Dies ist mein erstes Soloalbum und es heißt so wie ich: „Shirley Lee“ – einfach nur „Shirley Lee“. Zuerst hatte ich die, wie ich immer noch finde, tolle Idee das Album „London Ghost Stories“ zu nennen. Aber im Laufe des Prozesses, den dieses Album durchlief erschien mir dieser Titel irgendwann nicht mehr angemessen. Und warum dann nach einem sophisticated Titel suchen, wenn man nen poetisch klingenden Namen hat?
Ich bin ja auch noch Mitglied einer nicht gänzlich unbekannten Londoner Band namens Spearmint. Nach unserem vierten regulären Album, „Paris In A Bottle“, das 2006 erschien, hatten wir alle das Gefühl ein Kapitel Spearmint sei nun abgeschlossen. Ob es ein Weiteres geben wird, das steht momentan noch in den Sternen. Aber die letzten Konzerte mit Spearmint hinterließen in mir den Eindruck, es sei Zeit für etwas anderes, etwas Neues.
Na ja, so ganz neu ist es allerdings dann doch nicht, was wir jetzt nicht unbedingt schade finden, weil es halt doch nach dem grossen Northen Soul-Pop klingt, denn eine unsere liebsten UK Bands, nämlich Spearmint immer gemacht hat. Will heissen: Steht zwar Shirley Lee drauf, ist aber Spearmint drin. Vielleicht sind die Songs persönlicher, doch selbst Fans werden den Unterschied kaum bemerken. Vielleicht bekommen Spearmint durch den Namenswechsel endlich die verdiente Aufmerksamkeit. Ende der 90er noch als nächstes großes Ding gehandelt, waren sie bald nur noch der heißeste Geheimtipp des Postbritpop, und im 14. Bandjahr gilt es längst als ausgemachte Tatsache, dass Spearmint-Platten nie mehr als einen kleinen Auskennerkreis beglücken. Dabei werden sie mit zunehmender Reife immer besser, wenn sie mit Anleihen bei Anorakpop und Northern Soul von der Liebe tagträumen. Musikalisch bleibt Lee sich auch als „Solonummer“stets treu. Die Mischung aus großen Hymnen, aus Melodiebögen mit Zweigesang und hübsch angefuzzter Gitarre und leichtem, sich manchmal etwas zu sehr um sich selbst drehendem Tweepop geht auf wie zu Spearmint-Zeiten, angereichert wird das Ganze mit den ebenfalls genrebekannten Marimba-Klängen. Ein schöner, wenn auch wahnsinnig erwachsener Mix.
Experten wird nur überraschen, dass ausgerechnet die beiden besten Songs nichts mit Herzschmerz zu tun haben: Mit „The Reservoir“ hat Shirley Lee eine Hommage an seinen Vater geschrieben, die zu Tränen rührt, und „The Smack of Pavement in your Face“ erzählt vom ersten Rausch einer neuen Liebe. Für alle Nichtauskenner gilt: Shirley Lee ist der Newcomer des Jahres!
Und nachdem ich diesen Text schön als Soloalbum und die Tour als Solotour beschrieben habe, kommt gerade die Nachricht von der Agentur, dass Shirley Lee jetzt doch als SPEARMINT auf Tour geht. Na also.